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Situative Führung

Der Begriff Situative Führung bezeichnet einen Führungsstil, der sich durch eine hohe Verhaltensflexibilität auszeichnet und bei dem die Führungskraft mit ihrem Verhalten flexibel auf die jeweilige Situation und das jeweilige Gegenüber reagiert.

Der Situational Leadership-Ansatz wurde 1968 von Ken Blanchard und Paul Hersey vorgestellt. Ihre zentrale Botschaft lautete: Den idealen Führungsstil gibt es nicht. Vielmehr sollten Führungskräfte abhängig von der jeweiligen Situation und vom jeweiligen Gegenüber ein unterschiedliches, teils sogar konträr wirkendes Führungsverhalten zeigen. Mal müssen sie Mitarbeiter loben, mal tadeln. Mal sollten sie diese beim Erfüllen einer Aufgabe aktiv unterstützen, mal sich bewusst zurücknehmen.

Situative Führung heißt Mitarbeiter gezielt fördern und entwickeln

Mit dem Situational Leadership-Ansatz verbunden ist der Gedanke, dass die Führungskräfte für die Entwicklung der Kompetenz ihrer Mitarbeiter zumindest mitverantwortlich sind. Dabei werden in der Entwicklung von Mitarbeitern, abhängig von deren Kompetenz und Engagement, vier Stufen unterscheiden.

  • Entwicklungsstufe 1:  Wenn Mitarbeiter eine neue Aufgabe übernehmen, dann haben sie hiermit in der Regel noch kaum Erfahrung. Ihre Kompetenz ist also gering. Trotzdem gehen sie die Aufgabe mit Begeisterung und einem großen (Lern-)Eifer an (Entwicklungsstufe 2:. Doch meist stellt sich bald eine gewisse Desillusionierung ein – zum Beispiel, weil sich die neue Aufgabe als schwieriger als gedacht erweist. Die hieraus resultierende Ernüchterung verursacht nicht selten ein Nachlassen des Engagements
  • Entwicklungsstufe 3. Trotzdem arbeiten die Mitarbeiter weiter und entwickeln allmählich ein Gespür dafür, wie sie die Aufgabe meistern können. Sie sind aber noch unsicher und fragen sich: „Kann ich das wirklich alleine?“. So schwankend wie ihre Gefühle ist dann ihr Engagement
  • Entwicklungsstufe 4:. Je häufiger die Mitarbeiter die Aufgabe aber mit Erfolg gelöst haben, umso größer wird ihre Sicherheit. Das heißt, sie entwickeln sich allmählich zu „Profis“, die die Aufgabe routiniert lösen, selbst wenn die Lösung mal ein etwas anderes Vorgehen erfordert).

Dabei gilt es zu beachten: Die vier Entwicklungsstufen beziehen sich stets nur auf eine Aufgabe. Das heißt, bei  jedem Mitarbeiter sind die Kompetenz und das Engagement von Aufgabe zu Aufgabe verschieden. Also ist auch ein unterschiedliches Führungsverhalten angesagt.

Dirigierendes versus unterstützenden Führungsverhalten

Beim Führungsverhalten lassen sich dem Situational Leadership-Ansatz zufolge zwei Grundkategorien unterscheiden: ein dirigierendes und ein unterstützendes Verhalten.

  • Ein dirigierendes Verhalten konzentriert sich darauf, wie eine Aufgabe zu erfüllen ist. Bei ihm sagt und zeigt die Führungskraft ihrem Mitarbeiter, wann und wie etwas getan werden muss, und gibt ihm ein Feedback über das Ergebnis. Das Ziel eines dirigierenden Verhaltens ist es, die Kompetenz anderer Menschen zu entwickeln.
  • Ein unterstützendes Verhalten hingegen zielt darauf ab, die Eigeninitiative von Menschen zu fördern und ihre Einstellung bezüglich einer Aufgabe zu beeinflussen. Beispiele für ein unterstützendes Verhalten sind Loben, Zuhören und Ermutigen; außerdem das Einbeziehen von Menschen in das Lösen eines Problems.

Die vier verschiedenen Führungsstile

Aus den beiden Grundkategorien lassen sich abhängig von deren Ausprägung und Kombination vier Führungsstile ableiten.

  • Führungsstil 1 – Anleiten: Dieser Führungsstil zeichnet sich durch ein stark dirigierendes und wenig unterstützendes Verhalten aus. Der Vorgesetzte gibt dem Mitarbeiter detaillierte Anweisungen, wie und mit welchen Zielen eine Aufgabe zu erfüllen ist, und überwacht eng das Vorgehen und die Leistung.
  • Führungsstil 2 – Coachen: Dieser Führungsstil ist durch ein stark dirigierendes und unterstützendes Verhalten charakterisiert. Der Vorgesetzte erläutert Entscheidungen, erfragt Vorschläge, lobt Vorgehensweisen (selbst wenn diese nur teilweise richtig sind) und gibt genaue Anleitungen. Vorschläge der Mitarbeiter zum Vorgehen sind zwar erwünscht, die Entscheidungen trifft aber weiterhin die Führungskraft.
  • Führungsstil 3  – Unterstützen: Dieser Führungsstil ist gekennzeichnet durch ein stark unterstützendes und wenig dirigierendes Verhalten. Er zielt primär auf ein Stärken oder Bewahren des Engagements des Mitarbeiters ab. Führungskräfte, die diesen Stil praktizieren, trainieren, hören zu und ermutigen, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen und Problemlösungen zu entwerfen.
  • Führungsstil  4 – Delegieren: Dieser Führungsstil ist durch ein wenig unterstützendes und dirigierendes Verhalten geprägt. Der Vorgesetzte lässt den Mitarbeiter eigenständig handeln und sorgt für die nötigen Ressourcen. Dabei gilt es jedoch zu beachten: Der Vorgesetzte bestimmt weiterhin (im Idealfall, im Dialog mit dem Mitarbeiter) welche Ergebnisse gewünscht sind, und stellt sicher, dass Zielklarheit besteht. Er beobachtet und überwacht zudem die Leistung.

Wenn Führungskräfte die Entwicklungsstufe ihrer Mitarbeiter kennen, können sie entscheiden, welches Führungsverhalten bei einer Aufgabe angemessen ist.

Situative Führung versus agile Führung

Der Situational Leadership-Ansatz hat sich in den letzten Jahrzehnten zu dem in den Unternehmen häufigsten propagierten Führungskonzept entwickelt – zumindest finden sich in allen modernen Führungsansätzen die zentralen Elemente des situativen Führens wieder.

Seit einigen Jahren wird jedoch in Zusammenhang mit dem Bemühen der Unternehmen, ihre Agilität zu erhöhen, zunehmend ein agiler Führungsstil propagiert, der weitgehend auf eine Selbstorganisation der Mitarbeiter setzt. Dieser Führungsstil setzt jedoch einen gewissen Reifegrad der Mitarbeiter voraus, sodass er ohne Vorbehalte eigentlich nur bei folgenden Mitarbeitern praktiziert werden kann:

  • Mitarbeitern auf der Entwicklungsstufe 4, die bereits eine hohe Routine beim Bewältigen ihrer Aufgaben haben und bei denen das Engagement stimmt, und
  • Mitarbeitern auf der Entwicklungsstufe 3, die zum Beispiel in Teamstrukturen eingebunden sind, die gewisse bei ihnen noch vorhandene fachliche und motivationale Defizite unterstützend ausgleichen.

Bei allen anderen Mitarbeitern gilt es das erforderliche Mindset bzw. die erforderliche Kompetenz sowie die für ein agiles Arbeiten erforderlichen Teamstrukturen durch entsprechende Förder- und Entwicklungsmaßnahmen noch zu schaffen. 

Beratung, Training: situative bzw. agile Führung

Die Unternehmensberatung Kraus & Partner unterstützt die Führungskräfte von Unternehmen beim Entwickeln des erforderlichen Mindsets und Selbstverständnisses, das sie zu einem situativen (bzw. agilen) Führen brauchen. Außerdem vermittelt sie ihnen – u.a. in Trainings und Coachings – das erforderliche Know-how und Können, um ihre Mitarbeiter und Bereiche in einem von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten Umfeld mit Erfolg zu führen.

K&P-Berater - Video: Dysfunktionen im Führungsteam - erklärt von Dr. Georg Kraus

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