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Laterale Führung (laterales Führen)

Mit dem Begriff laterale Führung wird eine Führungssituation bezeichnet, in der die führende Person keine direkte Weisungsbefugnis bezüglich ihres Gegenübers hat – also z.B. nicht deren disziplinarischer Vorgesetzter ist.

Die Einflussnahme auf die Willensbildung und das Handeln erfolgt beim lateralen Führen also nicht aufgrund einer hierarchischen Beziehung (Befehl-Gehorsam-Prinzip) sondern

  • aufgrund von Vertrauen und
  • durch das Schaffen eines gemeinsamen Denkrahmens, der die (teils) unterschiedlichen Interessen der Beteiligten tragfähig verbindet.

Laterale Führung gewinnt an Bedeutung

In den zurückliegenden Jahrzehnten haben sich die Organisationsstrukturen der Unternehmen stark gewandelt; ebenso ihre Art, ihre Leistungen zu erbringen. In den tayloristisch organisierten Betrieben der Vergangenheit standen die Bereiche weitgehend unverknüpft wie Säulen nebeneinander – mit jeweils klar definierten und voneinander abgegrenzten Aufgabenfeldern.

Anders ist dies heute zumindest in den High-Performance-Organisationen. Sie sind weitgehend netzwerkartig strukturiert. Die Bereichsgrenzen sowie Hierarchiestufen spielen im Alltagsarbeit ihrer Mitarbeiter eine immer geringere Rolle – unter anderem, weil die Leistungen zunehmend in bereichs- und oft sogar unternehmensübergreifender Projekt- und Teamarbeit erbracht werden. Diese Entwicklung setzt sich im Prozess der digitalen Transformation der Wirtschaft fort – auch aufgrund des verstärkten IT-Einsatzes.

Laterale Führung beruht auf Vertrauen und Verständigung

Deshalb stößt das klassische, hierarchische Führen, das weitgehend auf der qua Position verliehenen disziplinarischen Macht und Weisungsbefugnis beruht, im Betriebsalltag zunehmend an seine Grenzen. An Bedeutung gewinnt das laterale Führen, das auf Vertrauen und Verständigung beruht und danach strebt, durch das Schaffen eines gemeinsamen Denkrahmens die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten tragfähig zu verbinden. Diese Art der Führung stützt sich, da die disziplinarische Weisungsbefugnis entfällt, auf andere Machtquellen – zum Beispiel eine hohe persönliche und/oder fachliche Autorität sowie Integrität.

Laterale Führung: Eine Reaktion auf VUKA-Welt

Der Begriff „laterale Führung“ ist gemäß dem klassischen Führungsverständnis ein Widerspruch in sich selbst, denn ihm zufolge ist Führung untrennbar mit einer hierarchischen Struktur und Weisungsbefugnis verbunden. Dessen ungeachtet ist das laterale Führen eine typische Erfordernis der modernen Organisationswelt,

  • die durch bereichs-und unternehmensübergreifende Kooperationen und Vernetzungen, flache Hierarchien sowie Team- und Projektarbeit gekennzeichnet ist und
  • in der aufgrund der raschen Veränderung und sinkenden Planbarkeit in der VUKA-Welt oft Expertenteams gemeinsam neue Problemlösungen entwerfen müssen, was auch eine agile Arbeitsweise erfordert.  

In einem solchen Umfeld gewinnt beim Führen zunehmend die Kompetenz an Bedeutung, auf andere Personen oder Organisationen so einzuwirken, dass sie wie gewünscht denken und handeln.

Laterale Führung: Ziel

Das Ziel von lateraler Führung ist nicht das Aushandeln von Kompromissen, sondern das gemeinsame Erreichen der übergeordneten Ziele (zum Beispiel des Unternehmens). Entsprechend schwierig ist das laterale Führen oft in der Praxis, weil die an diesem Prozess beteiligten Personen zum Beispiel aufgrund ihrer unterschiedlichen Funktion und Position in der Organisation häufig (teils) divergierende Auffassungen, Interessen und Ziele haben. Trotzdem sollen sie zum Beispiel kooperieren.

Anlässe für laterale Führung; Beispiele

Einige Beispiele, wann laterale Führung häufig gefragt ist, seien hier genannt.

  • Bereichsübergreifende Zusammenarbeit. Beispiel: Eine Führungskraft möchte/muss seine Kollegen in den anderen Bereichen für ein bestimmtes Ziel begeistern.
  • Bereichs-/unternehmensübergreifende Projektarbeit. Beispiel: Ein Projektleiter möchte bzw. muss Teammitglieder, gegenüber denen er keine Weisungsbefugnis hat, für ein bestimmtes, gemeinsames Vorgehen gewinnen.
  • Kooperation entlang der Wertschöpfungskette. Beispiel: Ein Bereichsleiter möchte, dass ein bestimmtes Vorgehen bereichsübergreifend zum Standard wird.
  • Unternehmensübergreifende Zusammenarbeit. Beispiel: Eine Organisation muss sich mit mehreren autonomen Kooperationspartnern (z.B. Lieferanten, Sub-Unternehmern) darauf verständigen, wer wie gewisse Leistungen im Rahmen eines gemeinsamen Großprojekts erbringt.  

Darüber hinaus hat das laterale Führen beim Herbeiführen von Entscheidungen in Kollegial-Gremien (wie Vorständen und Präsidien – nicht nur von Non-Profit-Organisationen), in denen mehrere Personen, alleine oder gemeinsam, die Entscheidungsmacht haben, eine hohe Bedeutung.

Laterale Führung durch Nicht-Führungskräfte

Außer den Führungskräften und den Projektmanagern in den Unternehmen benötigen in ihrem Arbeitsalltag zunehmend auch anderen Funktionsgruppen in ihnen eine gewisse Kompetenz zum lateralen Führen – zum Beispiel:

  • Experten, wenn sie andere Experten in ihrem Team oder gar ihre disziplinarischen Vorsetzen für ihren Lösungsvorschlag gewinnen möchten, und
  • Key-Accounter insbesondere im B2B-Bereich, wenn sie die Mitglieder des Buying-Centers ihrer Kunden von einer Problemlösung überzeugen möchten.

Führungskräfte werden Experten für Führung

Insbesondere in Bereichen der Unternehmen, in denen die Führungskräfte, um die übergeordneten Ziele zu erreichen, stark auf die Fachkompetenz, Eigeninitiative und -verantwortung sowie Loyalität ihrer Mitarbeiter angewiesen sind, ist ein Führen nach dem klassischen Befehls-Gehorsam-Prinzip nur noch bedingt möglich. Vielmehr hängt der Führungserfolg weitgehend davon ab, inwieweit die Führungskräfte über die Kompetenz zum lateralen Führen und Menschen, in Entscheidungen und Prozesse zu integrieren, verfügen.

Unter anderem deshalb hat sich im Bereich Personalentwicklung neben dem klassischen Begriff Führungskräftetraining zunehmend der Begriff Führungstraining etabliert, der weniger die Position der Führungskräfte, sondern deren Funktion betont.

Laterale Führung erfordert einen Wandel im Mindset

Bei (etablierten) Führungskräften setzt der Wechsel vom klassischen, hierarchischen Führen hin zu einem lateralen Führungsstil, in der Regel einen Wandel nicht ihres Verhaltens, sondern auch ihres Selbstverständnisses voraus. Den hierfür erforderlichen Mindset gilt es bei ihnen zu entwickeln, da der laterale Führungsstil, in einem Arbeitsumfeld, in dem zunehmend die (bereichs- und hierachieübergreifende Team- und Projektarbeit diminiert an Bedeutung gewinnt.

Beratung, Training laterale & agile Führung 

Die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner unterstützt Unternehmen dabei, bei ihren Führungskräften den Mindset zu entwickeln, den sie zu einem lateralen und agilen Führen brauchen. Außerdem vermittelt sie ihren Führungskräften u.a. in Trainings und Coachings – das erforderliche Know-how und Können, das sie im Betriebsalltag brauchen, um ein entsprechendes Führungsverhalten zu zeigen.

K&P-Berater Video: Führungskräfte-Entwicklung; Führungstraining

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